Erteilung eines Kontaktverbotes durch Versicherungsvermittler ist unzulässig

 

Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. JöhnkeFachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und IT-Recht, Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Kanzlei Jöhnke & Reichow

Das Oberlandesgericht (OLG) Jena hat einem Versicherungsvermittler untersagt, ehemalige Kunden aufzufordern, die gegenüber seinem früheren Arbeitgeber erklärten Einwilligungen in die Verarbeitung ihrer Daten zu widerrufen und sie zu einem generellen Kontaktverbot zu veranlassen (OLG Jena v. 27.03.2019, Az. 2 U 397/18).

Was war im konkreten Fall geschehen?

Die Klägerin ist selbstständige Handelsvertreterin verschiedener Versicherer. Sie selbst setzt wiederum selbstständige Handelsvertreter ein, die Vermögensberater genannt werden. Einer dieser Vermögensberater war der Beklagte.

Nach Beendigung dieser geschäftlichen Kooperation zwischen den Parteien im Jahr 2015, schrieb der Handelsvertreter vier Kunden an und forderte diese auf, gegenüber seinem bisherigen Auftraggeber die Einwilligung zur Speicherung, Verwendung und Weitergabe ihrer Daten zu widerrufen. Ebenfalls forderte der beklagte Vermittler von seinen Kunden, ein generelles Kontaktverbot auszusprechen.

Davon erlangte die Klägerin im Februar 2017 Kenntnis. Vier Kunden wurden nämlich am 7.2.2017 von dem Beklagten angeschrieben, wobei Wortlaut und Schriftbild identisch war und die vom Faxgerät des Beklagten aus versandt wurden. Die Klägerin hielt es für eine unlautere Mitbewerberbehinderung, dass der Beklagte die Kunden veranlasst hat, dieses Schreiben zu versenden, die eine Abschottung der Kunden gegenüber der Klägerin bewirken würden.

Was entschied das OLG Jena

Das OLG Jena stellte zunächst klar, dass zwar nach der Rechtsprechung eine Kündigungshilfe grundsätzlich zulässig sei. Anders beurteilt das OLG das „Rundschreiben“ des früheren Handelsvertreters an seine Kunden mit der Aufforderung, ihre gegenüber dem Unternehmen erklärte Einwilligung in die Verarbeitung ihrer Daten zu widerrufen oder das Unternehmen zur Löschung der Sperrung der Kundendaten aufzufordern oder Kontaktverbote auszusprechen. Dieses stelle eine Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG („gezielte Mitbewerberbehinderung“) dar. 

Es sei eine unzulässige Behinderung, die wettbewerbliche Entfaltung von Mitbewerbern gerade auch während des Laufens von Vertragsverhältnissen durch die Aufforderung zur Datenlöschung und durch ein generelles Kontaktverbot zu beeinträchtigen. Denn das Hauptziel sei nicht die Förderung des eigenen Wettbewerbs, vielmehr die vollständige Abschottung des Konkurrenten. Dies führe dazu, dass der bisherige Vermittler und Betreuer seine Leistungen nicht mehr anbieten könne. Ein berechtigtes Interesse an einer solchen Abschottung sein nicht erkennbar, so das OLG Jena. Für eine unangemessene Belästigung (§ 7 UWG) der Kunden durch Telefonanrufe oder ähnliches habe der Beklagte nichts vorgetragen.

 Hinweis für die Praxis

In der Praxis bieten Versicherungsvermittler den Kunden häufig Kündigungshilfen an. Um den Kunden und den Bestand zu schützen, werden so dann auch sogenannte Kontaktverbote gegenüber Versicherungen und anderen Versicherungsvermittlern ausgesprochen, damit diese den Kunden nicht zurückholen. Das Urteil des OLG zeigt jedoch, dass dieses Vorgehen – in der vorgenannten Art und Weise – zu einer Wettbewerbsverzerrung führen kann, denn für eine solche „Abschottung“ bestehe kein Interesse. Vor diesem Hintergrund sollten Vermittler mit der gebotenen Vorsicht ihre Kunden bei der Umdeckung von Versicherungsverträgen unterstützen. Dabei sollte stets im Einzelfall juristisch geprüft werden, ob ein Kontaktverbot zu einem Wettbewerbsverstoß führen kann.

Die Kanzlei wird zu diesen Rechtsthemen auf dem digitalen Jöhnke & Reichow Vermittler-Kongress am 04.02.2021 in Hamburg referieren. Die Veranstaltung ist kostenfrei und richtet sich an Vermittler der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbrache. Informationen zu den Referenten und der Agenda finden Sie unter https://vermittler-kongress.de/.

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

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