Tippgebervereinbarungen als Vertriebsmodell?

Autor: RA Stephan Michaelis LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht, Hamburg

Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Es steht vollkommen außer Frage, dass ein Maklerunternehmen eine Vertriebsstruktur mit eigenen Handelsvertretern aufbauen kann. Der mit der Vermittlungstätigkeit befasste und registrierte Versicherungsmakler ist dann im Innenverhältnis zum Maklerunternehmen nach dem Handelsvertreterrecht verpflichtet. Kennzeichen sind hier die dauerhafte Tätigkeit für den Unternehmer, die selbstständige und erfolgsabhängige Tätigkeit sowie das Geschäftsrisiko, welches sich beispielsweise in der Rückforderbarkeit von Stornierungen niederschlägt.

Ist es nunmehr möglich, mit nicht registrierungsfähigen Vertriebspartnern zusammen zu arbeiten und – analog zu einem Handelsvertretervertrag – mit diesen einen „deckungsgleichen“ Tippgebervertrag zu vereinbaren?

Die gesetzgeberische Intention bestand doch zunächst darin, dass vermutlich nur gelegentlich eine Empfehlung gegenüber einem Makler ausgesprochen wird, dass ein interessierter Kunde Bedarf an dem Abschluss eines Versicherungsvertrages haben könnte. Im Rahmen einer Gefälligkeit sollte sodann die Möglichkeit eingeräumt werden, diesem Empfehlungsgeber (Tippgeber) eine Vergütung zukommen zu lassen.

Ist es nun möglich, dass für nicht zugelassene Personen nunmehr ein Geschäftsmodell begründet wird, das diese wie Selbstständige dauerhaft und regelmäßig Empfehlungen aussprechen, weil sie im Rahmen ihrer intensiven Suche nach potentiellen Kunden fündig geworden sind?

Mithin wären die wesentlichen Grundzüge eines Handelsvertreters heranzuziehen, sodass der Tippgeber nur noch der Akquisiteur ist, der selbst allerdings nicht mehr die Beratung und Vermittlung als „Eigenleistung“ betreibt.

Sicherlich ist es nicht ungewöhnlich, wenn jemand für die Empfehlung eines Kundenkontakts eine Gegenleistung erhält, diese gegebenenfalls auch in Geld.

Gleichzeitig ist auch nicht ungewöhnlich, wenn dauerhaft derartige Empfehlungen ausgesprochen werden, sodass sich hieraus eine kontinuierliche Geschäftsbeziehung ergibt. Es ist auch nicht verwunderlich, dass wechselseitig ein Einverständnis dahingehend vereinbart wird, dass derartige Vergütungen nur im Erfolgsfalle gezahlt werden. Die Namhaftmachung eines potentiellen Interessenten, der schlussendlich doch keine Versicherung abschließen will, soll mithin nach dem beiderseitigen Verständnis auch nicht vergütet werden. Auch dies scheint von der Rechtsordnung durchaus vertretbar zu sein.

Nun sollen aber auch erfolgreiche Empfehlungen nur dann Bestand haben, wenn auch der Kunde wiederum keinerlei Rückforderungsansprüche hat. Also auch ein etwaiges Stornorisiko soll der Tippgeber tragen, wenn der Kunde nun doch berechtigterweise die Rückzahlung von Geldern verlangt.

Diese und weitere Problemkreise ergeben sich aus der Überlegung, ob der nicht zugelassene Tippgeber entgeltlich Empfehlungen „wie ein Handelsvertreter“ aussprechen darf, die er analog zum bisherigen Vertragsrecht des Handelsvertreters vergütet erhält?

Hierbei handelt es sich sicherlich um eine rechtspolitisch interessante Fragestellung. Die wird mit Sicherheit auch aus unterschiedlichen Verkehrskreisen völlig kontrovers diskutiert und erörtert werden. Mit Sicherheit findet sich eine Vielzahl von Vertretern, die der Auffassung sind, dass derartige Vereinbarungen nicht rechtskonform sind. Auf der anderen Seite gibt es aber auch keine zwingenden Gründe, die eine solche Kooperation verbieten.

Es gilt zu bedenken, dass in Deutschland nach wie vor Vertragsfreiheit herrscht. Sollten sich die Vertragsparteien nicht unangemessen benachteiligen oder in sittenwidriger Weise verhalten, so können derartige Vereinbarungen durchaus frei verhandelt werden. So ist aus den Markterfordernissen durchaus ein Interesse vorhanden, nur erfolgreiche Empfehlungen zu vergüten. Mit einer solchen Regelung können auch die meist ebenfalls aus der Branche stammenden Tippgeber gut leben und derartige Vertragsverhältnisse akzeptieren. Mithin ist nach der aktuellen Rechtsordnung kein Grund ersichtlich, dass in Wahrung sämtlicher gesetzlicher Bestimmungen der Tippgeber nicht dauerhaft und ausschließlich erfolgsabhängig Empfehlungen aussprechen darf, die er entsprechend vergütet erhält, ohne selbst zu vermitteln.  

Fazit: Aus heutiger rechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Tippgeber dauerhaft, erfolgsabhängig und auch rückforderbar gegenüber einem Versicherungsvermittler Kunden namhaft macht und für diese Empfehlung vergütet wird. Derartige Vereinbarungen können alle zugelassenen Vermittler mit ihren „Akquisiteuren“ schließen. Dies betrifft sowohl den Versicherungsvertreter, den Versicherungsmakler, als auch den Versicherungsberater.

Der Tippgeber hat nur darauf zu achten, dass er wahrlich nicht selbst eine Beratung oder Vermittlung vornimmt, sondern dies ausschließlich den dafür zugelassenen Personen überlässt. Die liberale Rechtsordnung gestattet Vertragsfreiheit und gebietet beiden Vertragsparteien die Möglichkeit, sich hier auf individuell eigene Regelungen einzulassen. Dies schließt es auch nicht aus, Regelungen zu finden, wie sie sonst bei einem Handelsvertreter von der Rechtsordnung bekannt sind. Damit wird der Tippgeber aber nicht zwingend zum Handelsvertreter.

Gleichwohl ist es vorstellbar, dass unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des §§ 84 ff. HGB auch für den Tippgeber ein Ausgleichsanspruch entstehen könnte. Dies setzt natürlich voraus, dass bei dem Unternehmer ein dauerhafter Vorteil verbleibt. In der Regel ist dies nicht der Fall, wenn lediglich eine Einmalzahlung für die Empfehlung geleistet wird, sodass in diesem Fall dann doch kein Ausgleichsanspruch entstünde. Anders wäre es, würde der Tippgeber auch eine laufende „Betreuungsvergütung“ erhalten, als „nachgelagerte Abschlussprovision“. Gleichwohl wird auch diese Rechtsfrage sicherlich kontrovers erörtert werden können.

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