Ist die Kündigung des Versicherungsvertrages des Kunden durch den Versicherer gegenüber dem Makler wirksam?

Autor: Michaelis/Jahnke, (Kanzlei Michaelis, Hamburg)

Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Möglicherweise haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, ob Sie dazu berechtigt sind, eine Kündigung des Versicherers für Ihren Kunden in Empfang zu nehmen?

Im Folgenden zeigen wir kurz auf, ob bzw. unter welchen Umständen der Makler eine Kündigung des Versicherers wirksam für den Versicherungsnehmer entgegennehmen kann und welche weitreichenden rechtlichen Folgen dieses für den Versicherungsnehmer hat!

1. Ausdrücklich erteilte Vollmacht

Es liegt auf der Hand, dass die Antwort auf diese Frage natürlich insbesondere von der Vollmacht abhängt, die der Versicherungsnehmer seinem Makler erteilt hat. Ist der Versicherungsmakler beispielsweise von seinem Kunden dazu bevollmächtigt, jegliche Korrespondenz des Versicherers für ihn entgegenzunehmen, so betrifft dieses natürlich auch ein Kündigungsschreiben1.

Denkbar ist auch, dass die dem Makler erteilte Vollmacht ausdrücklich die Bestimmung enthält, dass der Makler Kündigungsschreiben der Versicherer für den Kunden in Empfang nehmen darf. In diesem Fall ist der Makler ebenfalls offensichtlich dazu berechtigt, eine Kündigung des Versicherers als Empfangsbevollmächtigter für seinen Kunden entgegenzunehmen.

Eine solche Empfangsvollmacht hat dann zur Folge, dass die Kündigung bereits in dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem sie dem Makler zugeht. Auf die Weiterleitung an den Kunden kommt es nicht mehr an2. es kann also sein, dass der Kunde gar nicht weiß, dass er keinen Versicherungsschutz mehr hat!

2. Duldungs- oder Anscheinsvollmacht

Fraglich ist, ob der Makler möglicherweise auch dann zur Entgegennahme einer Kündigung für den Versicherungsnehmer mit den sich daraus ergebenden Folgen berechtigt ist, wenn er keine solche umfassende Vollmacht hat bzw. der Versicherer das Vorliegen einer solchen nicht beweisen kann.

Möglicherweise kann auch eine "gesetzliche" Duldungs- oder Anscheinsvollmacht in Betracht kommen. Eine Duldungsvollmacht ist dann gegeben, wenn der Vertretene, d.h. der Versicherungsnehmer, es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist3. Eine Anscheinsvollmacht ist demgegenüber gegeben, wenn der Vertretene, d.h. der Kunde, das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters4.

Solche Fallkonstellationen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht könnten denkbar sein, wenn der Makler ständig als Vertreter des Kunden gegenüber dem Versicherer auftritt und jegliche Korrespondenz für diesen entgegennimmt, so dass der Versicherer dementsprechend annehmen darf, dass der Makler eine umfassende Empfangsvollmacht besitzt. Des Weiteren müsste der Kunde dieses gewusst haben oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt zumindest hätte erkennen und verhindern können. Dieses wird man annehmen müssen, wenn er ständig die Korrespondenz von seinem Makler weitergeleitet erhält und sich hiergegen nicht wendet, sondern dieses ohne Weiteres hinnimmt. In einem solchen Fall könnte natürlich möglicherweise auch bereits eine "stillschweigend" - oder mündliche - erteilte Vollmacht anzunehmen sein. Jedenfalls aber eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht kann dann in Betracht kommen. Letztlich kommt es für die Beurteilung, ob möglicherweise eine solche Vollmacht vorliegt, aber immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Grundsätzlich erscheint es jedoch möglich, dass der Versicherer unter bestimmten Umständen eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht des Maklers annehmen könnte, auch wenn ein umfassendes schriftliches Mandat für den Makler nicht vorliegt.

3. Spiegelbildliche Vollmacht

Schließlich könnte man auch noch erwägen, ob eine solche Vollmacht des Maklers zur Entgegennahme von Kündigungen auch dann besteht, wenn er über eine Vollmacht zur Erklärung von Kündigungen für den Versicherungsnehmer verfügt. Man könnte im Wege der Auslegung einer solchen dem Makler vom Versicherungsnehmer erteilten Vollmacht dazu kommen, dass diese in der Regel auch die Vollmacht zur Entgegennahme der entsprechenden Erklärung des anderen Teils umfasst5. Beinhaltet die Vollmacht des Maklers also das Recht, Kündigungserklärungen gegenüber den Versicherern für den Versicherungsnehmer vorzunehmen, könnte man in Betracht ziehen, ob sich hieraus ebenfalls ergibt, dass er auch Kündigungserklärungen der Versicherer für den Kunden als Empfangsbevollmächtigter entgegennehmen darf.

4. Empfehlung

Aufgrund dieser Unsicherheiten empfehlen wir daher grundsätzlich, im Rahmen einer schriftlichen Vollmacht ausdrücklich zu regeln, welche Rechtsgeschäfte der Makler für den Versicherungsnehmer vornehmen und welche Erklärungen er für ihn entgegennehmen darf. Dadurch kann von vornherein verhindern werden, dass später eine Auslegung der Indizien und Umstände vorgenommen werden, die eventuell nicht dem entspricht, was eine der Parteien eigentlich gewollt hatte.

Des Weiteren sollte sich der Versicherungsnehmer darüber klar werden, ob er mit der Weiterleitung der Korrespondenz durch seinen Makler eigentlich einverstanden ist und diese ggf. unterbinden, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Makler später ggf. als Anscheinsbevollmächtigter anzusehen sein wird, selbst wenn er diesem keine diesbezügliche Vollmacht erteilt hat.

Wir würden somit grundsätzlich dazu raten, im Wege einer ausdrücklichen Vollmacht klar zu regeln, wofür der Makler von seinem Kunden bevollmächtigt sein soll und sodann sicherzustellen, dass diese Vereinbarung auch in der Praxis so umgesetzt wird, um spätere Missverständnisse zu vermeiden und den aufgezeigten Gefahren vorzubeugen.

1 vgl. z.B. LG Potsdam, Urt. v. 14.01.2011, AZ: 51 O 46/11, zitiert nach juris.
2 Ellenberger in Palandt, BGB, 72. Aufl., München 2013, § 130 Rn 8.
3 BGH, Urt. v. 10.03.2004, AZ: IV ZR 143/03; Urt. v. 14.05.2002, AZ: XI ZR 155/01, zitiert nach juris; Ellenberger in Palandt, BGB, § 172 Rn 8.
4 BGH, Urt. v. 05.03.1998, AZ: III ZR 183/96, zitiert nach juris;
5 Ellenberger in Palandt, BGB, § 172 Rn 11. Ellenberger in Palandt, BGB, § 130 Rn 8, welcher auf MüKo/Einsele Rn 27 verweist.

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