Autor: Frank Rottenbacher, Vorstand
AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.
Die Regulierung der Finanzberatung schreitet mit großen Schritten voran. Das Finanzanlagenvermittlergesetz ist verabschiedet worden. Die dazugehörende Verordnung könnte im ersten Halbjahr 2012 durch den Bundesrat gehen.
Die Diskussionen um die Evaluation der EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung (IMD2) sind bereits in vollem Gange. Es steht zu erwarten, dass irgendwann in den nächsten Jahren eine Novellierung des Vermittlerrechtes durch eine neue EU-Vermittlerrichtlinie erfolgen wird.
Der erste gesetzgebende Schritt in diese Richtung war die Verabschiedung des „Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ am 25.11.2011 im Bundesrat und ist somit nun endgültig verabschiedet worden. Die vom AfW stets geforderte gewerberechtliche Regulierung war trotz Einigung im Koalitionsvertrag ständig in Gefahr, durch eine BaFin-Aufsicht abgelöst zu werden. Sie ist ein existenzsichernder Schritt für freie Finanzdienstleister und wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Der vorliegende Gesetzentwurf ist daher ein Erfolg für die Unabhängigkeit des freien Finanzdienstleisters und schafft die Grundlage, auch weiterhin unsere Kunden fair und unabhängig beraten zu können.
Das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ legt aber nur die groben Leitlinien für die Neuausrichtung der Kapitalanlagevermittlung fest: Die Vermittlung von Investmentfonds, geschlossenen Fonds sowie sonstigen Vermögensanlagen wird erlaubnispflichtig. Auch die neue Erlaubnis nach §34f GewO wird in das öffentliche Register beim DIHK eingetragen, in dem auch schon die Versicherungsvermittler und –berater erfasst sind. Für die Erlaubnis, auch weiterhin Investmentfonds, Geschlossene Fonds sowie sonstige Vermögensanlagen vertreiben zu dürfen, müssen Berater/Vermittler
nachweisen. Soweit so gut, soweit bekannt aus dem Versicherungsbereich.
Was ist neu?
Hierfür lohnt ein Blick in die „Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV)“ aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die zurzeit aber nur als Diskussionsentwurf vorliegt und im März/April 2012 im Bundesrat verabschiedet werden soll. Diese Verordnung regelt die Details zur Sachkundeprüfung, Vermögensschadenshaftpflicht und zu den Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten. Im Gegensatz zum Gesetz wird es hier konkret.
1. Teilerlaubnisse möglich
Im neuen §34f der Gewerbeordnung wird die Vermittlung in drei Bereiche unterteilt:
Jeder Vermittler kann nun für sich entscheiden, für welchen Teilbereich oder für welche Kombination von Teilbereichen er eine Erlaubnis beantragt. Entsprechend müssen dann VSH-Deckungen und Sachkundeprüfungen nachgewiesen werden.
Die Sachkundeprüfung „Finanzanlagenfachmann (IHK) ist nicht abzulegen, wenn ein Qualifikationsnachweis erbracht werden kann durch Abschlusszeugnis
Nachweis durch Abschlusszeugnis
wenn zusätzlich eine mindestens einjährige Berufserfahrung im Bereich Finanzanlagenberatung und –vermittlung vorliegt oder Abschlusszeugnis als Fachberater oder –beraterin für Finanzdienstleistungen (IHK), wenn zusätzlich eine mindestens zweijährige Berufserfahrung im Bereich Finanzanlagenberatung und -vermittlung vorliegt.
2. Sachkundeprüfung „Finanzanlagenfachmann (IHK)
Die Sachkundeprüfung wird wahrscheinlich bereits ab dem 01.10.2012 angeboten und wird in einen allgemeinen Teil und eine Spezialisierung aufgeteilt werden. Die Spezialisierung ergibt sich aus einem der eben genannten drei Teilbereiche, für die eine Erlaubnis beantragt werden soll. Wer also nur Investmentfonds vermittelt, braucht auch nur die Spezialisierungsprüfung „Investmentfonds“. Wer Investmentfonds und Geschlossene Fonds vermitteln möchte, braucht beide Spezialisierungsprüfungen usw. 2. Die genauen Inhalte dieser neuen öffentlich-rechtlichen Sachkundeprüfung werden zur Zeit gerade im Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet. Insofern sind exakte Aussagen über Dauer, Umfang und Prüfungsthemen zur Zeit noch nicht möglich. Bei der mündlichen Prüfung, einer simulierten Kundenberatung, gibt es aber Erleichterungen: Wer
Im Gesetz ist eine vom AfW geforderte Alte-Hasen-Regelung eingefügt worden. Sprich: Berufserfahrung wird wertgeschätzt und als ausreichende Sachkunde anerkannt. Dafür muss eine Erlaubnis nach §34c GewO seit dem 01.01.2006 ununterbrochen vorliegen sowie alle Prüfberichte nach §16 MaBV lückenlos eingereicht worden sein. Wer diesen Alte-Hasen-Status nicht erfüllt oder keine der anerkannten Qualifikationen nachweisen kann (s. Kasten), der muss die Sachkundeprüfung zum Finanzanlagenfachmann (IHK) ablegen.
Der AfW begrüßt beim Verordnungsentwurf ausdrücklich, dass es nicht wie bei der Versicherungsvermittlerverordnung eine Bevorzugung bestimmter Vertriebsformen gibt. So gibt es diesmal keine Ausnahmen von der Pflicht zur Sachkundeprüfung – auch nicht für Ausschließlichkeitsorganisationen.
3. Vermögensschadenshaftpflichtversicherung
Hier werden die Summen aus der Versicherungsvermittlerverordnung 1:1 übernommen. Sprich: 1,13 Mio. € pro Schadenfall und 1,7 Mio. € pro Jahr müssen nachgewiesen werden. Wir werden als AfW in den weiteren Beratungen darauf drängen, eine geringe Deckung pro Schadenfall zu erreichen, da uns kein Vermittler bekannt ist, der regelmäßig so hohe Summen vermittelt. Wir könnten uns hier eine Begrenzung auf 250.000€ pro Schadenfall und damit eine geringere Prämie vorstellen. Oder es wird die Jahresmaximierung auf zum Beispiel 3 Mio. € angehoben. Das Erreichen der 1,7 Mio. € pro Jahr scheint nämlich eher realistisch.
Würde man die analogen Deckungssummen für Versicherungsvermittler und Finanzdienstleister vorschreiben, hätte die Politik die sich aus Versicherungsverträgen ergebenen Versicherungssummen praktisch gleichgesetzt mit den Anlagesummen von Kapitalanlegern. Dieses erscheint weder angemessen noch überhaupt vergleichbar.
4. Provisionsausweis
Der politische Wille und der Trend zur Offenlegung der Provisionen sind unumkehrbar. Es war angekündigt und Teil der Einigung zwischen Finanz- und Wirtschaftsministerium, dass die Wohlverhaltensregeln des WpHG 1:1 auf die freien Finanzdienstleister übertragen werden sollen. So ist es nun auch gekommen: Die vom Vermittler vereinnahmte Provision ist dem Kunden offen zu legen.
Wer sich jetzt darüber ärgert möge aber bedenken, dass auch beim ursprünglichen „Schäuble-Entwurf“, also Vermittlung nur noch unter einem Haftungsdach, die Provisionen des Haftungsdaches offen zu legen gewesen wären. Dieser Punkt wäre also so oder so auf die freien Vermittler zugekommen. Bei den freien Finanzdienstleistern ist die Meinung zu diesem Punkt noch gespalten. Laut AfW-Vermittlerbarometer sind 50% der Befragten gegen einen Provisionsausweis.
5. Fahrplan
Zurzeit ist vorgesehen, dass das Gesetz noch im Dezember 2011 veröffentlicht wird. Damit könnte es zum Januar 2012 in Kraft treten. Die für die freien Vermittler wichtigen Punkte der gewerberechtlichen Regulierung sowie das Einhalten der WpHG-Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten würden hingegen erst ab Anfang 2013 aktuell. Ab diesem Zeitpunkt hätten Vermittler mit einer Erlaubnis nach §34c GewO 6 Monate Zeit, ihre neue Erlaubnis zur Anlageberatung/Anlagevermittlung gem. §34f GewO zu beantragen. Vorteil: Wer diese 6 Monatsfrist einhält, muss seine Zuverlässigkeit sowie die geordneten Vermögensverhältnisse nicht erneut nachweisen. Für den Nachweis der Sachkunde sind sogar 24 Monate vorgesehen. Das würde für den Zeitplan konkret bedeuten:
Frank Rottenbacher
Vorstand AfW für politische Arbeit und Qualifikation und in diesem Zusammenhang auch als Sachverständiger in alle zu diesem Thema stattgefundenen Expertenanhörungen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages geladen. Er ist auch Vorstand der GOING PUBLIC! Akademie für Finanzberatung AG, Berlin.
1 Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandver-mögen), Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen
2 Ausnahme „Sonstige Vermögensanlagen“: für diese Erlaubniserteilung werden die Spezialisierungsprüfun-gen sonstige Vermögensanlagen sowie Geschlossene Fonds benötigt.