Sind Sie Anscheinsberater?

Autor: Rechtsanwalt Stephan Michaelis, Fachanwalt für Versicherungsrecht (Kanzlei Michaelis, Hamburg)

Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Die Diskussionen um die Evaluation der EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung (IMD2) sind bereits in vollem Gange. Es steht zu erwarten, dass irgendwann in den nächsten Jahren eine Novellierung des Vermittlerrechtes durch eine neue EU-Vermittlerrichtlinie erfolgen wird.

Es wird bereits heute diskutiert, ob das Provisionsabgabeverbot entfallen soll, ob Betreuungspflichten für den Versicherungsmakler gesetzlich geregelt werden sollen und viele weitere Neuregelungsvorschläge werden europaweit erörtert. Es steht ebenfalls zur Diskussion, ob der „Anscheinsberater“ gesetzlich geregelt werden soll. Das Leitbild hierzu ist der „Anscheinsmakler“ der ausdrücklich gesetzlich geregelt wurde.

Was ist denn unter einem „Anscheinsberater“ zunächst zu verstehen? Wie der Name sagt, wird hier jemand wie ein Berater rechtlich behandelt, der einen Anschein für seine Beratertätigkeit gesetzt hat.

Natürlich stellt sich zunächst die Frage, ob der Anscheinsberater einer schärferen Haftungsverantwortung unterliegt, als den sonstigen Vermittlern, also sowohl dem Vertreter oder dem Versicherungsmakler. Wir rufen uns an dieser Stelle ins Gedächtnis, dass die Haftungsverantwortlichkeit des Vertreters eines Versicherers gleichgesetzt wurde mit der Haftungsverantwortlichkeit des Versicherungsmaklers (vergleiche § 63 VVG). Der Versicherungsberater unterliegt jedenfalls der gleichen Haftungsverantwortlichkeit wie die Vermittler. Eine qualifizierte gesetzliche Haftung des Beraters ist im VVG nicht vorgesehen. § 63 VVG dürfte als spezialgesetzliche Norm die allgemeinen Normen, z.B. § 280 BGB verdrängen. Doch können sich weitergehende haftungsbegründende Pflichten des Versicherungsberaters aus dem Auftragsverhältnis ergeben (vergleiche § 68 S. 2 VVG).

Neben dem Aspekt einer verschärften Haftung soll bei dem „Anscheinsberater“ Regelungsinhalt sein, dass dieser nicht doppelt, von beiden Parteien, eine Vergütung vereinnahmen darf. Wer sich den Anschein gibt, als Berater tätig zu sein, indem er ein Honorar vom Kunden fordert, dem ist es dann verwehrt, eine zusätzliche Courtage oder Provision vom Versicherer zu beziehen. Der Anscheinsberater hätte daher seine erhaltenen Courtagen und Provisionen vom Versicherer immer an seinen Kunden auszubezahlen!

Fazit:
Der zu erörternde Rechtsgedanke der IMD2 lässt sich bereits in die heute Rechtswirklichkeit übertragen. Der Begründungsaufwand für die Auszahlungsverpflichtung einer heimlich erhaltenen Courtage oder Provision ist sicherlich komplizierter, als wenn es eine spezialgesetzliche Regelung gäbe, welche gerade zur Diskussion steht. Aber auch nach jetziger Gesetzeslage kann nicht ausgeschlossen werden, dass jemand, der sich als „Honorarberater“ ausgibt, dies aber nicht wirklich ist, zur Erstattung seiner Courtagen/Provisionen, die er von einem Dritten (z. B. VR) bekommt, verurteilt wird. Nur eine nachweisliche Offenlegung (also wohl schriftlich) des zusätzlichen Courtage- / Provisionsanspruches gegenüber dem Kunden würde es gestatten, dass der Versicherungsmakler die Doppelvergütung in dem gesetzlich zulässigen Rahmen behalten darf (gewerblicher Kunde, betriebliche Altersversorgung).

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