Was Versicherungsvermittler aus der Bankenkrise lernen sollten!

von RA Stephan Michaelis LL.M. (Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, Hamburg)

Einleitung

Viele Versicherungsvermittler sind momentan froh darüber, dass die Versicherungsbranche im Vergleich zum Bankensektor glimpflicher aus der Krise zu kommen scheint. Von Bildern, wie bei der Kaupthing-Bank, bei welcher die Anleger vor geschlossenen Schaltern standen, und der Hamburger Sparkasse, welche jüngst vom LG Hamburg zur Zahlung von Schadensersatz an einen ihrer Kunden im Zusammenhang mit der Vermittlung von Lehman Brother Zertifikaten verurteilt wurde, wurde die Versicherungsbranche weitestgehend verschont. Der in Not geratene US-amerikanische Versicherungskonzern AIG konnte mittels zusätzlicher Staatszuschüsse gerettet werden und deutsche Versicherungsnehmer waren im Anbetracht relativer Stärke deutscher Versicherer kaum betroffen. Es besteht daher allzu sehr die Gefahr, dass Versicherungsvermittler glauben wie gewohnt weiter machen zu können. Dem ist jedoch nicht so. Was der einzelne Versicherungsvermittler aus der Bankenkrise für die eigene Vermittlertätigkeit lernen sollte, wird im Folgenden kurz dargestellt.

I.Dokumentation – nein, danke

Die Dokumentation der Bankberatung wurde von den Banken stets abgelehnt. Die Beratungsdokumentation wurde dabei im Vergleich zur Beratung, welche stets als Teil des eigenen Leistungsprofils und zur Schaustellung der eigenen Sachkunde empfunden wurde, als lästiger Schreibkram empfunden. Eine Dokumentation erfolgte dementsprechend nicht.

Aufgrund der Bankenkrise und dem damit einhergehenden Wertverlust einzelner Anlagen fühlten sich viele Anleger von ihrer Bank falsch beraten und es wurde der Ruf nach einer stärkeren Bankenhaftung laut. Prompt trat der Staat auf den Plan und beabsichtigt zukünftig die Rechte der Anleger zu stärken. Ein entsprechender Referentenentwurf, welcher unter anderem eine strenge Dokumentationspflicht der Banken vorsieht, besteht bereits. Dabei konnte in der Vergangenheit festgestellt werden, dass der Gesetzgeber nur dann eine gesetzliche Regelung erstellt, wenn dies unbedingt nötig erscheint. Wenn es möglich ist bedient er sich gerne schon bestehender Richtlinien von Verbänden oder wirkt auf eine freiwillige Selbstbindung der Betroffenen hin.

Für Versicherungsvermittler gilt es deshalb auf Verbandsebene möglichst viele Unsicherheiten bei der derzeit infolge des VVG’s bestehenden Unsicherheiten für die Mitglieder verbindlich zu regeln. So empfehlen sich die Erstellung allgemeinverbindlicher Beratungsprotokolle zur Dokumentation nach § 61 Abs.1 S.2 VVG, sowie die Bestimmung einer hinreichenden Zahl von Angeboten, welche nach § 60 Abs.1 VVG zur Beratungsgrundlage zu nehmen sind, um nur zwei Beispiele zu nennen. Hier ist zu erwarten, dass sich Gesetzgeber und auch Richter an solche allgemeinverbindlichen Verbandsempfehlungen halten werden. Dies zeigen vergleichbare Erfahrungen zur Festlegung technischer Standards. Ansonsten könnte es der Versicherungsvermittlungsbranche so gehen wie derzeit dem Bankensektor hinsichtlich der Dokumentationspflicht und sie müssen mit der gesetzlich formulierten Regelung vorlieb nehmen.

II.Welche Lehren man aus Lehman Brother ziehen sollte

Welche Lehren die Versicherungsvermittler aus Lehman Brother ziehen sollten zeigt ein jüngst ergangenes Urteil des LG Hamburg. Das LG Hamburg urteilte zugunsten eines Anlegers, welcher auf Anraten seiner Sparkasse Anleihen der inzwischen insolventen Lehman Bother Inc. gekauft hatte und nunmehr Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung geltend machte. Nach Ansicht der Richter war eine Falschberatung in doppelter Hinsicht gegeben.

Zunächst wäre die Sparkasse verpflichtet gewesen auf die eigenen Gewinnmargen und das damit verfolgte Eigeninteresse hinzuweisen. Das Urteil dehnt das Urteil des BGH zur Offenlegung von Rückvergütungen (Az.: XI ZR 56/05) damit auch auf den Bereich der Gewinnmargen aus. Übertragen auf den Versicherungsvermittler würde dies bedeuten, dass der Vermittler bei der Vermittlung zur Offenlegung seiner Provisionen verpflichtet ist. Diesbezüglich enthält § 2 VVGInfoV bereits die Pflicht zur Angabe der in die Prämie einkalkulierten Kosten. Diese müssen jedoch nicht mit den vom Vermittler im konkreten Einzelfall erhaltenen Provisionen übereinstimmen. Jedenfalls für den Fall, dass die im konkreten Einzelfall erhaltenen Provisionen die nach § 2 VVGInfoV anzugebenen Kosten erheblich übersteigen, empfiehlt es sich aus Sicht des Vermittlers den Versicherungsnehmer hierauf hinzuweisen.

Weiter argumentierten die Richter, dass der Kunde darüber hätte aufgeklärt werden müssen, dass das von ihm gekaufte Wertpapier nicht dem deutschen Einlagensicherungssystem unterliegt. Übertragen auf den Bereich der Versicherungsvermittlung bedeutet dies, dass der Vermittler nur solche Versicherer vermitteln sollte, welcher dem deutschen Insolvenzrecht unterliegen und Mitglied des Sicherungsfonds der Protektor Lebensversicherungs- AG sind.

III.Ergebnis

Im Ergebnis empfiehlt sich für den Versicherungsvermittler die derzeitige Bankenkrise genau zu beobachten. Viele Interessenlagen sind auf die Versicherungsvermittlung übertragbar. Dies gilt insbesondere für die rechtlichen Erwägungen zum Verkauf von Lehman Brother Wertpapieren. Aber auch die anlässlich der Bankenkrise auf den Weg gebrachten Gesetzesvorlagen sollten die Versicherungsvermittler warnen. Sie sollten umso mehr bestrebt sein allgemeingültige Verbandsrichtlinie zur Auslegung der für die Versicherungsvermittler einschlägigen rechtlichen Normen zu erstellen, als dass ansonsten die Auslegung durch den Richter vorgenommen wird, wenn dies nicht geschieht.

 

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