Haftungsbegrenzungsklauseln in Versicherungsmakler-AGB

Autor: RA Michaelis

Kaum ein Maklervertrag kommt heutzutage ohne Haftungsbegrenzungen daher. Der vorliegende Beitrag beleuchtet bekannte und weniger bekannte juristische Fallstricke, die bei der Erstellung entsprechender Klauseln zu beachten sind. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass der Großteil der zurzeit gebräuchlichen Klauseln von der Unwirksamkeit bedroht ist.

I. Einleitung

Haftungsfälle in Millionenhöhe sind in der Versicherungsmaklerbranche zwar keinesfalls die Regel, doch sind sie auch alles andere als ausgeschlossen, bedenkt man aus juristischer Sicht Folgendes: Der Versicherungsmakler haftet für Beratungsfehler unter Umständen wie ein Versicherer, d.h. er muss die komplette Versicherungsleistung als Entschädigung an seinen Kunden zahlen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der vermittelte Vertrag aufgrund eines Beratungsfehlers eine Deckungslücke enthält oder wenn es aufgrund anderer, vom Makler zu vertretender Umstände zu einem nicht versicherten Schadensfall beim Kunden kommt. Dass in solchen Fällen Schäden in einer entsprechenden Größenordnung – auch in gängigen Versicherungssparten wie z. B. der Privathaftpflicht – vorkommen können, steht außer Frage.
Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der Makler bemüht ist, seine dem Grunde nach – seit der bekannten Sachwalter-Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1985 – weitreichende Haftung jedenfalls der Höhe nach zu begrenzen. Insofern findet man heute kaum noch einen Maklervertrag, der keine Haftungsbegrenzungsklauseln enthält. Eine solche könnte zunächst schlicht und ergreifend wie folgt lauten:

Der Versicherungsmakler haftet für von ihm verursachte Schäden maximal bis zu einer Summe von € 1.000.000.

II. Einschränkungen der Zulässigkeit von Haftungsbegrenzungsklauseln

Nun findet man derart umfassende Haftungsbegrenzungsklauseln heutzutage mit Recht in kaum einem Maklervertrag. Sie ließe nämlich grundlegende gesetzliche Regelungen über die Zulässigkeit von Haftungsbegrenzungen in sog. Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) außer Acht.

1. Leben, Körper, Gesundheit und grobe Fahrlässigkeit

Gemäß § 309 Ziff. 7 Lit. a) BGB sind nämlich Ausschlüsse oder Begrenzungen der Haftung unwirksam, wenn sie „für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen“ Geltung beanspruchen. Ferner ist gemäß § 309 Ziff. 7. Lit. b) unwirksam „ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen“. Da praktisch sämtliche Maklerverträge unter diese Regelung fallen, weil sie nämlich rechtlich als AGB, als für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Verträge anzusehen sind, wäre die vorstehende einfache Haftungsbegrenzungsklausel also unwirksam.
Da es im AGB-Recht auch keine sog. geltungserhaltende Reduktion gibt, bliebe die Klausel auch nicht für Fälle erhalten, in denen sie im Grunde wirksam wäre. Sie wäre vielmehr insgesamt ohne Rechtswirkung.
Nun sind diese beiden juristischen Fallstricke, nämlich kein Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit sowie bei grobem Verschulden, in der Branche weitestgehend bekannt, weshalb gängige Klauseln meist wie folgt lauten:

Der Versicherungsmakler haftet für von ihm verursachte Schäden maximal bis zu einer Summe von € 1.000.000, sofern diese nicht auf einer Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit oder auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhen.

2. Einschränkung der Klauselgestaltungsfreiheit durch §§ 63, 67 VVG

Mit vergleichbaren Klauseln konnte man sich im Hinblick auf die Haftungsbegrenzung lange Zeit auf der sicheren Seite wähnen. Doch sind im Zuge der mit Wirkung zum 22.05.2007 umgesetzten EU-Vermittlerrichtlinie Regelungen Gesetz geworden, die eine juristische Neubewertung von Haftungsbegrenzungsklauseln erfordern. Es sind dies die §§ 63, 67 VVG. § 63 VVG lautet auszugsweise:

Der Versicherungsvermittler ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61 entsteht.

Die §§ 60, 61 VVG enthalten bekanntermaßen die Regelungen über die Beratungsgrundlage des Versicherungsmaklers und die Beratungs- und Dokumentationspflichten.
Der Bezug zur Frage der Wirksamkeit von Haftungsbegrenzungsklauseln ergibt sich, wenn man zusätzlich § 67 VVG in den Blick nimmt. Dort heißt es:

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Die Schadensersatznorm des § 63 VVG ist also halb zwingend, d.h. von ihr darf allenfalls zugunsten des Versicherungsnehmers abgewichen werden. Was bedeutet dies für die obige Haftungsbegrenzungsklausel?
Nach § 63 VVG hat der Versicherungsmakler „den Schaden“ zu ersetzen, der aus einer Verletzung der gesetzlich normierten Pflichten entsteht. Der Wortlaut ist somit eindeutig dahin gehend zu verstehen, dass der Schaden stets in voller Höhe zu ersetzen ist. Durch die obige Haftungsklausel, die auch bei einfach fahrlässigen Verletzungen der in den §§ 60, 61 geregelten Pflichten den Schaden der Höhe nach auf € 1.000.000 begrenzt, wird demnach von der Regelung in § 63 VVG zulasten des Versicherungsnehmers abgewichen. Dies ist gemäß § 67 VVG unzulässig, die Klausel demzufolge unwirksam.
Dieses Ergebnis gilt es festzuhalten: Selbst wenn der Versicherungsmakler bei der Vertragsgestaltung die sich aus dem BGB ergebenden Einschränkungen berücksichtigt, droht gleichwohl die vollständige Unwirksamkeit der Klausel mit der Folge, dass für jegliche Schäden in unbegrenzter Höhe gehaftet wird.

3. Folgen für die Vertragsgestaltung

Nach diesem Befund, demzufolge wohl der überwiegende Teil der am Markt gebräuchlichen Haftungsbegrenzungsklauseln unwirksam sein dürfte, bleibt die Frage nach der Möglichkeit einer das Vorstehende berücksichtigenden, rechtssicheren Klausel.
Eine solche müsste neben den gängigen Ausschlüssen bei Verletzungen von Leben, Körper und Gesundheit sowie grobem Verschulden zusätzlich klarstellen, dass bei Verletzungen der aus den §§ 60, 61 VVG folgenden Pflichten ebenfalls unbegrenzt gehaftet wird. Die Klausel könnte daher in etwa wie folgt lauten:

Der Versicherungsmakler haftet für von ihm verursachte Schäden maximal bis zu einer Summe von € 1.000.000, sofern diese nicht auf einer Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit oder auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhen. Ferner haftet der Versicherungsmakler für Verletzungen der in den §§ 60, 61 VVG geregelten Pflichten in unbegrenzter Höhe.

Damit wird der größtmögliche Spielraum bei der Haftungsbegrenzung ausgenutzt. Es ist nämlich zu beachten, dass den Versicherungsmakler über die gesetzlich geregelten Pflichten hinaus – ebenfalls infolge der Sachwalter-Rechtsprechung – zahlreiche weitere Pflichten, insbesondere während der Vertragslaufzeit treffen. Für all diese Pflichten gewährleistet eine entsprechende Klausel die Aufrechthaltung der Haftungsbegrenzung.

III. Fazit

Die Gestaltung von Haftungsbegrenzungsklauseln erfordert unter verschiedenen juristischen Gesichtspunkten besondere Vorsicht. Bei Verletzungen von Leben, Körper oder Gesundheit ist jegliche Haftungsbegrenzung ausgeschlossen. Außerdem darf die Haftung für grobes Verschulden nicht eingeschränkt werden.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass seit dem 22.05.2007 auch für Verletzungen der in den §§ 60, 61 VVG geregelten Beratungspflichten in voller Höhe gehaftet werden muss. Dies ergibt sich aus den §§ 63, 67 VVG. Diese weitere Einschränkung muss bei der Erstellung von Vertragsklauseln berücksichtigt werden, da andernfalls die vollständige Unwirksamkeit der Klausel droht, was in jedem Falle zur summenmäßig unbegrenzten Haftung des Versicherungsmaklers führt.

 

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