Wer hat die Kosten der Ausbildung im Vertrieb zu tragen?

Autor: RA Michaelis

Im Wege der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie sind Versicherungsvermittler zur Erbringung eines Sachkundenachweises verpflichtet, es sei denn sie fallen unter einen der Ausnahmetatbestände (z.B. Ausschließlichkeitsvermittler oder Altvermittler). Für alle anderen gilt, das sie ihren Sachkundenachweis durch Teilnahme an entsprechenden Ausbildungsseminaren erwerben müssen. Die Kosten für die Teilnahme an diesen Seminaren belaufen sich oftmals auf mehrere Tausend Euro. Viele Versicherer und Vertriebsgesellschaften bietet ihren angebundenen Handelsvertretern daher die Möglichkeit einen Teil der Kosten zu übernehmen oder bieten dem Handelsvertreter ein gesondertes Ausbildungsdarlehn an. Probleme können entstehen, wenn der Handelsvertreter auch die nicht vom Unternehmer übernommenen Kosten ersetzt verlangt oder ein ihm gewährtes Darlehn hierfür nicht zurück zahlen will. In der Praxis besteht daher ein Interesse an einer rechtswirksamen Ausbildungsvereinbarung.

Das LG Kiel (Az.: 16 O 69/95, abgedr. in VersR 98,237) urteilte bereits über die Wirksamkeit einer Ausbildungsvereinbarung und entschied, dass jedenfalls folgende Klausel wirksam sei:

„Die Kosten der Zertifikatausbildung betragen derzeit mehr als 100 000 DM. Der Vermittler verpflichtet sich zur Rückzahlung von 12 000 DM, falls das Vertretungsverhältnis innerhalb von drei Jahren nach Bestehen der Prüfung zum/zur Versicherungskaufmann/-frau (BWV)

a.) durch eine von ihm selbst veranlasste Kündigung oder
b.) durch eine aus wichtigem Grund von der Versicherungsgesellschaft erklärte Kündigung

endet. Der zu erstattende Betrag ermäßigt sich für jeweils volle drei Monate, die der Vertretungsvertrag nach Beendigung der Prüfung besteht, um ein Zwölftel.“

Damit wurde aber noch nicht darüber entschieden, ob auch in den oben genannten Fällen die gesamten Ausbildungskosten vom Unternehmer zurückgefordert werden könnten oder ob eine Erstattung der Ausbildungskosten losgelöst von einer weiteren Tätigkeit des Handelsvertreters für den Unternehmer von diesem verlangt werden kann. Dies könnte im Anbetracht der gesetzlichen Bestimmung des § 87d HGB problematisch sein wonach der Handelsvertreter vom Unternehmer sämtliche Aufwendungen, welche er im regelmäßigen Geschäftsbetrieb hatte, ersetzt verlangen kann, sofern dies handelsüblich ist.

Zunächst müssten die Ausbildungskosten zur Erlangung der Sachkundeprüfung Aufwendungen sein, welche der Handelsvertreter im regelmäßigen Geschäftsbetrieb hatte. Dabei ist zu beachten, dass die Erbringung des Sachkundenachweises Voraussetzungen für die Erlangung der Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO ist. Ohne eine entsprechende Gewerbeerlaubnis darf der Handelsvertreter seine Tätigkeit nicht ausüben. Die Aufwendungen zur Erlangung der Sachkundeprüfung entstehen daher stets vor der Aufnahme der Tätigkeit. Übertragen auf die Bestimmungen des § 87d HGB bedeutet dies, dass die Aufwendungen für die Ausbildung im Wege der Sachkundeprüfung nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des Handelsvertreters entstehen, sondern zeitlich davor, um überhaupt erst als Handelsvertreter für einen Versicherer oder eine Vertriebsgesellschaft den regelmäßigen Geschäftsbetrieb eines Versicherungsvermittlers aufnehmen zu können. Eine Ersatzpflicht des Unternehmers nach § 87d HGB scheidet daher begrifflich aus und der Handelsvertreter hat die Ausbildungskosten grundsätzlich selbst zu übernehmen.

Eine Verpflichtung zum Aufwendungsersatz bezüglich der Ausbildungskosten könnte sich für den Unternehmer eventuell auch nach §§ 675, 670 BGB ergeben. Der Handelsvertretervertrag kann dabei losgelöst vom Bestehen einer Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO begründet werden, es sei denn, dass die Parteien das Bestehen einer Gewerbeerlaubnis als Wirksamkeitsvoraussetzung festgelegt haben. Besteht nach Begründung des Handelsvertretervertrages keine Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO, so kann der Handelsvertreter seine Verpflichtung zur Vermittlung von Versicherungsverträgen gegenüber dem Unternehmer nur erfüllen, wenn er die erforderliche Sachkundeprüfung nachholt. Die Kosten für die Ausbildung sind daher wohl als erforderlich anzusehen und müssten nach § 670, 675 BGB wohl vom Unternehmer übernommen werden, obwohl dies i.d.R. nicht seinem mutmaßlichen Willen entspricht (vgl OLG Köln Urteil vom 30.11.2007, Az.: 19 U 84/07).

Die Bestimmung des §§ 670, 675 BGB ist weitgehend dispositiv. Die Parteien können daher den Umfang des Aufwendungsersatzes grundsätzlich vertraglich regeln, sofern die Grenze der Sittenwidrigkeit nicht überschritten wird. In der Regel ist auch eine AGB Inhaltskontrolle vorzunehmen, da davon auszugehen ist, dass der Unternehmer die Vereinbarung über die Ausbildungskosten des öfteren verwenden wird. Danach ist zu prüfen, ob die verwendete Klausel im Einzelfall vom wesentlichen Grundgedanken des § 670 BGB abweicht oder von den wesentlichen Pflichten des Handelsvertretervertrages abweicht, sodass eine Gefährdung des Vertragszwecks besteht, oder die Bestimmung den Handelsvertreter unangemessen benachteiligt. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass der Handelsvertreter nur in geringem Umfang an den Unternehmer gebunden ist, weshalb auch der Unternehmer vor Handelsvertretern zu schützen ist, welche sich lediglich vom Unternehmer die Ausbildungskosten finanzieren lassen wollen um anschließend für einen anderen Unternehmer tätig werden können.

Fazit:
Dem Versicherer und den Vertriebsgesellschaften kann anwaltlich nur geraten werden Handelsvertreterverträge nur mit Personen zu schließen, welche bereits die Sachkundeprüfung abgelegt haben und über eine Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO verfügen. Sollte dennoch eine Handelsvertreterstellung vor Beendigung der Ausbildung begründet werden, so empfiehlt es sich genaue vertragliche Vereinbarungen zu formulieren, die Wirtschaftlichkeit bei der Bestimmung zur Provisionshöhe zu berücksichtigen und eine dem LG Kiel zur Entscheidung vorgelegte vergleichbare Klausel zu vereinbaren.

Sofern eine dem LG Kiel zur Entscheidung vorgelegte vergleichbare Klausel vereinbart worden ist, so ist dem Versicherer oder der Vertriebsgesellschaft ferner zu raten, sich nicht durch ordentliche Kündigung vom Vertriebspartner zu lösen, da ansonsten der Rückzahlungsanspruch nicht entstehen würde. Insoweit sollte dann die ordentliche Kündigung des Handelsvertreters abgewartet werden, da ein unproduktiver Vertriebspartner dem Versicherer oder der Vertriebsgesellschaft meistens nicht wirtschaftlich schadet.

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